Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg – Literaturhaus Oberpfalz: Special Delivery. Von Künstlernachlässen und ihren Verwaltern - Sonderausstellung

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Blick in den Eingangsbereich der Ausstellung: Übersicht der präsentierten Künstlernachlässe - Foto: privat

Die Vielfalt des kulturellen Lebens abzubilden, gehört zu den Aufgaben, denen der AsKI e.V. sich seit jeher widmet. Die Institutionen, die sich im Dachverband versammeln, decken sämtliche Sparten der Kunst und Kultur ab.

Im Gemeinschaftsprojekt Special Delivery, welches das Verhältnis von Künstlern, ihren Erben und den Institutionen, die ihre Nachlässe pflegen, anhand herausragender Beispiele unter die Lupe nimmt, ist diese Vielfalt einmal mehr deutlich geworden. Auf Grundlage des 2011 erschienenen Sammelbandes, der die Geschichte von dreizehn Künstlernachlässen erzählt, zeigte das Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg – Literaturhaus Oberpfalz im Herbst und Winter 2012/2013 eine Sonderausstellung mit ausgewählten Exponaten aus insgesamt sieben dieser ’Special Deliveries’.

Ausgewählt wurden drei literarische Nachlässe (Mascha Kaléko, Bertolt Brecht, Walter Höllerer), ein Komponistennachlass (Max Reger), die Nachlässe zweier bildender Künstler (Richard Oelze, Ronald Searle) sowie ein Schauspielerinnennachlass (Marlene Dietrich). In vier Ausstellungsräumen konnten die Besucher von Anfang November 2012 bis Ende Februar 2013 in die Welten der jeweiligen Künstler eintauchen: das Tagebuch Mascha Kalékos aus ihrer Zeit im Exil, Ronald Searles Zeichnung von Adolf Eichmann während seines Prozesses in Jerusalem, ein Feldpostbrief Walter Höllerers, ein Dirigentenstab Max Regers, Alltagsutensilien von Richard Oelze, ein Typoskript von Bertolt Brechts Gedicht „Die Lösung“ sowie ein Glückwunschtelegramm, das Marlene Dietrich zum siebzigsten Geburtstag von der SPD erhalten hat. Exponate wie diese verschafften nicht nur einen Einblick in die Geschichten, die sich hinter den Nachlässen verbergen, sondern auch in die Arbeit, die in AsKI-Institutionen geleistet wird.

„Reger-Altar“: Auf dem Tisch u.a. die von Regers Witwe Elsa verfassten Erinnerungen „Mein Leben  mit und für Max Reger“. An der Wand ein posthum entstandenes Ölporträt Regers von Elsa Regers Kusine Asta von Pirch. - Foto: privatDie sieben Häuser unter einem Dach zu versammeln, machte in vielerlei Hinsicht auch Gemeinsamkeiten zwischen den unterschiedlichen Künsten, Persönlichkeiten und Nachlassgeschichten deutlich. So waren alle ausgewählten Künstler und deren Erben, wie Ulrich Ott in seinem Einführungsvortrag bei der Ausstellungseröffnung ausführte, von den großen Ereignissen des 20. Jahrhunderts betroffen: Ronald Searle, Richard Oelze und Walter Höllerer waren als Soldaten am Zweiten Weltkrieg beteiligt, während Brecht und Kaléko gezwungen waren, ins Exil zu gehen. Marlene Dietrich war auch nach 1945 noch entschieden pro-amerikanisch orientiert, was in Deutschland bisweilen heftige Aversionen gegen ihre Person hervorrief. Max Reger hat den Zweiten Weltkrieg nicht mehr miterlebt, allerdings wurde dieser schicksalhaft für die Pflege seines Nachlasses durch seine Witwe Elsa Reger.

Begleitet wurde die Ausstellung mit Abendvorträgen von Werner Sudendorf (Deutsche Kinemathek, Nachlass Marlene Dietrich), Gisela Vetter-Liebenow (Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst, Nachlass Ronald Searle), Stefanie Steiner-Grage (Max-Reger-Institut) und Asja Braune (Archiv der Akademie der Künste, Nachlass Bertolt Brecht) sowie mit einer Podiumsdiskussion über das Erbe Walter Höllerers mit dem Kulturjournalisten Helmut Böttiger und Hans-Dieter Zimmermann (Technische Universität Berlin). Der Bayerische Rundfunk berichtete in Radiobeiträgen zwei Mal über die Ausstellung und brachte ein ausführliches Interview mit Ulrich Ott. Hierdurch konnte die Arbeit, die in AsKI-Institutionen tagtäglich geleistet wird, einem breiten Publikum nahegebracht werden.

Aufmerksamkeit zu schaffen für die meist im Hintergrund ablaufenden Tätigkeiten, die einen Künstlernachlass überhaupt erst ins Licht der Öffentlichkeit rücken, war das Ziel des Projekts Special Delivery. Von Künstlernachlässen und ihren Verwaltern. Wenn auch weiterhin immer mehr Menschen über die Relevanz dieser Arbeit erfahren, ist für den Kulturbetrieb viel gewonnen.

Michael Peter Hehl

Plakat Special Delivery Sulzbach-Rosenberg

AsKI KULTUR lebendig 1/2013

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