Kunst und Kommunikation von Bürkel bis Arman - Die Kunstsammlung der Museumsstiftung Post und Telekommunikation

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Franz Radziwill, Sender Norddeich, Öl/Leinwand, 1933, © Foto: Kunstsammlung der Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Das Museum für Kommunikation in Frankfurt beherbergt die Kunstsammlung der Museumsstiftung Post und Telekommunikation.

Sie umfasst neben einer grafischen Sammlung (20-30.000 Blätter) auch 350 Gemälde vom 17. bis zum 21. Jahrhundert, 3.000 historische Fotografien, 40-50 Skulpturen, Objekte und Multiples bis zur Gegenwart, ebenso einen kleinen Bestand an Fotokunst und Kunst der neuen Medien. Die Anfänge gehen auf den Sammlungsgründer des ehemaligen Reichspostmuseums in Berlin, Generalpostmeister Heinrich von Stephan (1831-1897), zurück. In der Frühzeit der Sammlung kam es Stephan nicht darauf an, eine bedeutende Kunstsammlung aufzubauen. Sein Konzept sah vielmehr vor, die post- und telekommunikationsgeschichtlichen Themenschwerpunkte zu ergänzen. So sammelten er und ihm nachfolgende Museumsdirektoren vor allem Kunstwerke mit illustrativem posthistorischen Bezug. Genreszenen zählen ebenso dazu wie eine umfangreiche Bild nissammlung von herausragenden Vertretern der Postgeschichte oder Naturwissenschaftlern, die sich um die Entwicklung der Post- und Telekommunikationsgeschichte verdient gemacht haben. Mit der Akzentverschiebung von einer technisch zu einer kulturgeschichtlich orientierten Sammlungs- und Ausstellungspolitik wurden insbesondere Gemälde des 19. Jahrhunderts erworben, die Reise- und Posthausszenen, Postkutschenromantik sowie die Figur des Postillions thematisieren. Diese Sujets stießen auf reges Interesse bei einem vorwiegend bürgerlichen Käuferkreis. Insbesondere gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als die "gute alte Zeit der Postkutsche" mit dem Ausbau der Eisenbahnstrecken bereits als nostalgisch empfunden wurde, mehrten sich die Darstellungen zu diesem Thema. Unter den Erwerbungen bis in die 80er Jahre befinden sich folglich zahlreiche namhafte Vertreter der großen Malerschulen aus München, Düsseldorf und Berlin, von denen exemplarisch Heinrich Bürkel, Carl Spitzweg, Karl Karger, Carl Wilhelm von Heideck, Wilhelm von Schadow, Benjamin Vautier, Carl Wilhelm Hübner und Anton von Werner zu nennen sind. Nach Wiedereröffnung des Bundespostmuseums im Jahre 1990 in Frankfurt trat vor allem das gezielte Interesse an hochwertiger Kunst in den Vordergrund, mit der Intention, parallel zu den technik- und kulturhistorischen Sammlungen eine wertvolle, eigenständige Kunstsammlung aufzubauen.Wilhelm von Schadow, Porträt Friedrich Parthey, Öl/Leinwand, 1822, © Foto: Kunstsammlung der Museumsstiftung Post und Telekommunikation

In dieser Zeit wurden nahezu alle Werke der klassischen Moderne, u. a. von Max Ernst, Salvador Dalí, Gabriele Münter, Alexej von Jawlensky oder Franz Radziwill, erworben, die zu den Highlights der Sammlung zählen. Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Beispiele von Künstlern nach 1945, die die Entwicklung der Kommunikationstechnologien, vor allem der Telegraphie und Telekommunikation reflektieren. Motive wie das Telefon werden wie selbstverständlich von Künstlern adaptiert, verfremdet und zum Teil in kritischer Distanz mit neuen Inhalten belegt; so in Werken von Arman, Jacques Lennep, Konrad Klapheck, Christo, Ed Ruscha und John Register. Thomas Huber, Viertes Gemälde aus dem Zyklus: Die Post, o. T., 1990, © Foto: Kunstsammlung der Museumsstiftung Post und TelekommunikationFunktionsträger der Massenkommunikation, wie das Fernsehen und das Radio, aber auch Technologien, wie das Faxgerät, der Kopierer und der Computer, werden besonders seit den 60er Jahren selbst zu Ausdrucks- und Gestaltungsmedien, etwa in Ed Kienholz' Multiple "TV-Billionaire" oder Klaus Geldmachers Auflagenobjekt "Geldmacher 2b". Auf der anderen Seite befassen sich Künstler mit Sprache und Zeichen, stehen wie Helmut Löhr in der Tradition der "Visuellen Poesie" oder greifen wie Brigitte Kowanz in ihrer Arbeit "Transformation-Information" Zeichen des Morsealphabets zur Verschlüsselung von Botschaften in ihren Werken auf. Die Briefmarke und traditionelle Informationsträger wie die Postkarte sind konstitutiver Bestandteil von Künstler- und Kommunikationsnetzwerken in der Nachfolge von Mail art, wofür die Grafiken des Copy-Art Künstlers Georg Mühleck ein Beispiel in der Sammlung darstellen. Seit der Gründung der Museumsstiftung Post und Telekommunikation im Jahre 1994 und Umwandlung des ehemaligen Postmuseums in das Museum für Kommunikation kamen mit steigender Tendenz Werke hinzu, die das Thema Kunst und Kommunikation weiter gefasst, d. h. auf einer mehr abstrakten Ebene reflektieren und sich von abbildlichen Aspekten zum Teil entfernen. Exemplarisch zu nennen sind Ankäufe von namhaften, schon wieder klassisch zu nennenden Künstlern nach 1945 wie Arman, Christo, Wolf Vostell, Robert Rauschenberg und Hanne Darboven sowie von aufstrebenden jüngeren Künstlern wie Anton Corbijn, Neo Rauch, Yves Netzhammer, Nanne Meyer, Matthias Hoch und Veli Granö.

Nam June Paik, Pre-Bell-Man, Verschiedene Materialien, 1990, © Foto: Kunstsammlung der Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Die Ausrichtung der Ankäufe auf Themen der Kommunikation abseits der reinen Motivik von Post- und Telekommunikationsgeschichte wird sich fortsetzen. Die repräsentativsten Stücke der Sammlung sind seit Anfang Juli 2004 in der umgestalteten Dauerausstellung im Museum für Kommunikation Frankfurt/Main zu sehen. Ein erster Auswahlkatalog zur Kunstsammlung mit 130 Werken wird Ende 2004 erscheinen.

Dr. Anja Eichler
Kustodin der Kunstsammlung der
Museumsstiftung Post und Telekommunikation

 

AsKI KULTURBERICHTE 2/2004

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