Klassik Stiftung Weimar: Wiegendrucke. Die ersten gedruckten Bücher der Herzogin Anna Amalia Bibliothek

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Arche Noah, eine Meerjungfrau betrachtet sich kämmend im Spiegel. Die neunte deutsche Bibel, Nürnberg: Anton Koberger, 1483, Handkolorierter Holzschnitt, © Klassik Stiftung Weimar

Im September 2004 brach in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek bekanntlich ein verheerender Brand aus, der das Gebäude und den wertvollen Buch- und Kunstbestand stark beschädigte.

Drei Jahre nach diesem Verlust, nach aufwändigen Restaurierungsarbeiten, konnte das Historische Bibliotheksgebäude am 24. Oktober 2007, dem Geburtstag seiner Namenspatronin, wiedereröffnet werden. Dieses Ereignis feierte die Klassik Stiftung Weimar mit einem glanzvollen Festakt und einer Festwoche mit Konzerten, Ausstellungen und Führungen. Der Bundespräsident hielt eine vielbeachtete Festrede. Messkanon mit Initiale und Kelchblütenranke, Missale Carthusiense, Speyer: Peter Drach d. M., 1496 © Klassik Stiftung WeimarSeit Dezember 2007 ist die Herzogin Anna Amalia Bibliothek von Dienstag bis Sonntag zwischen 10 und 15 Uhr für Einzelbesucher zu besichtigen. Um den Rokokosaal mit seinem Kunst- und Buchschätzen nicht zu gefährden, können aus Gründen des Denkmalschutzes nicht beliebig viele Besucher eingelassen werden. Die Grenze liegt bei rund 300 Personen pro Tag. Daher gibt die Klassik Stiftung Weimar Eintrittskarten mit Datum und Zutrittszeit zum Rokokosaal aus, die gewährleisten, dass die Belastung für das zum Weltkulturerbe zählende Gebäude nicht zu groß wird und sich über den ganzen Tag verteilt. Ein Teil der Zeitkarten kann vorab über die Besucherinformation gebucht werden, weitere Karten werden jeweils am Öffnungstag selbst ab 9.30 Uhr an der Kasse im Historischen Bibliotheksgebäude verkauft. Gruppen können sich zu Führungen anmelden, die täglich um 15.00 Uhr und um 15.30 Uhr stattfinden. Das Besucherinteresse ist so groß, dass die Führungen für das Jahr 2008 bis auf einzelne Ausnahmen ausgebucht sind.

Kostenlos zugänglich ist der Renaissancesaal im Erdgeschoss des so genannten Grünen Schlosses, der für wechselnde Buchausstellungen genutzt wird. Noch bis zum 3. August 2008 ist dort die Ausstellung "Welt der Wiegendrucke. Die ersten gedruckten Bücher der Herzogin Anna Amalia Bibliothek" zu sehen. Mitte des 15. Jahrhunderts wurde in Mainz der Buchdruck mit Hilfe von beweglichen Lettern erfunden, eine Technik, die sich vor allem in den ersten Jahrzehnten noch stark an den Handschriften orientierte und gewissermaßen noch in den Kinderschuhen steckte. Druckerzeugnisse, die in den ersten fünf Jahrzehnten des Buchdrucks, also bis zum 31. Dezember 1500, in dieser Technik entstanden, nennt man Wiegendrucke oder Inkunabeln, vom lateinischen Wort "incunabula" für Wiege abgeleitet.

Druckermarke von Johannes Baptusta de Sessa Aelius Donatus: Ars minor (Schulgrammatik), Venedig 1495/96, © Klassik Stiftung Weimar

Im Bestand der Herzogin Anna Amalia Bibliothek befinden sich 427 von solchen seltenen und oft sehr prachtvollen frühen Drucken. In den letzten Jahren wurde die Weimarer Inkunabel-Sammlung im Rahmen eines Projekts der J.H. & W. Hector Stiftung neu erschlossen und katalogisiert. Die interessantesten Stücke des Weimarer Bestandes werden nun in der Ausstellung präsentiert. Dazu zählen z.B. die erste gedruckte Dracula-Ausgabe oder seltene Drucke auf Pergament. Daneben sind auch Vorläufer der Inkunabeln, so genannte Blockbücher, und Lesezeichen aus dem 15. Jahrhundert zu sehen. Zur Ausstellung ist im Verlag Koehler & Amelang ein Katalog erschienen: Eva Raffel, Welt der Wiegendrucke ( 2007, 19,90 EUR im Buchhandel).

Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek wird nur zum Teil als Museum genutzt: Das Gebäude beherbergt auch die Werkstatt für Buchrestaurierung, Sonderarbeitsplätze für Bibliotheksbenutzer und den traditionell dort auf gestellten Buchbestand, der im Lesesaal zur Lektüre bereitgestellt wird. Zum musealen Teil gehören neben dem Renaissancesaal und dem Rokokosaal zwei Räume, in denen sich der Besucher über die Geschichte der Bibliothek und ihren Zusammenhang mit der herzoglichen Kunstkammer informieren kann. Der mittelalterliche Bibliotheksturm ist im Rahmen von Sonderführungen zugänglich.

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