Kinder zum Olymp! Wege zur Kultur für Kinder und Jugendliche - Eine Initiative der Kulturstiftung der Länder, gefördert durch die PwC-Stiftung "Jugend - Bildung - Kultur"

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"Kinder und Jugendliche brauchen Kultur. Gemeinsames Musizieren, Theaterspielen, Tanzen, Schreiben, Malen und Gestalten - es gibt keinen besseren Weg, Kindern so wichtige Kompetenzen wie Kreativität, Teamfähigkeit, Leistungsbereitschaft und Toleranz zu vermitteln."

Dieses Zitat stammt aus dem Klappentext der äußerst lesenswerten Publikation "Kinder zum Olymp!", herausgegeben von Karin v. Welck und Margarete Schweizer.* Lesenswert nicht nur für Pisa-gestresste Fachleute, für Lehrer, Museumsleiter und -pädagogen etc., sondern auch für engagierte Bürger, die bei der Lektüre das eine oder andere nachahmenswerte Beispiel eines Kulturprojektes für Kinder und Jugendliche entdecken und, davon angeregt, ihre eigenen Ideen entwickeln. "Kinder zum Olymp! Wege zur Kultur für Kinder und Jugendliche" ist eine Initiative der Kulturstiftung der Länder, gefördert von der PwC-Stiftung "Jugend - Bildung - Kultur". Diese Stiftung unterstützt "innovative Projekte, die den Dialog und das gegenseitige Verständnis zwischen der Jugend und dem Kulturbereich fördern und kulturelle Inhalte verstärkt in der Aus- und Fortbildung verankern" (Klappentext). Derzeit erhalten rund 20 Kinder- und Jugendprojekte in Deutschland eine Förderung von rund 500.000 €. Im Januar 2004 konnte der damalige Bundespräsident Dr. h.c. Johannes Rau in Leipzig erstmals den von der PwC-Stiftung verliehenen und mit insgesamt 100.000 € dotierten "Zukunftspreis Jugendkultur" an sechs Projekte vergeben. Die PwC-Stiftung "Jugend - Bildung - Kultur" ist eine Initiative der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse- Coopers in Deutschland, der man zahlreiche Nachahmer wünscht. Gegliedert ist die Publikation "Kinder zum Olymp!" in drei Teile:

  • Warum Kunst und Kultur für Kinder und Jugendliche unverzichtbar ist. Fragen und Antworten aus Wissenschaft, Politik und Kultur;
  • Wege zur Kultur für Kinder und Jugendliche. 85 beispielhafte Projekte (Musikprojekte; Projekte um Kunst und Kulturgeschichte; Theater- und Tanzprojekte; Literaturprojekte; Medienprojekte; Spartenübergreifende Projekte; Perspektiven: Vielversprechende Projekte in der Pilotphase);
  • Anhang: Kontaktadressen und Tipps für die Projektplanung und -durchführung.

Natürlich konnten im Projektteil nicht alle wegweisenden Jugendkulturprojekte in Deutschland dokumentiert werden. Folgende Kriterien lagen der Auswahl zugrunde: Machbarkeit, d. h. keine teuren Repräsentationsprojekte; Partizipation, d. h. Möglichkeit einer kreativen, künstlerischen Mit-Arbeit; Realisation eines authentischen Ortsbezugs, Nachhaltigkeit, d. h. Projekte über einen längeren Zeitraum und Evaluation der Wirkung des Projektes. Erfreulicherweise erfüllten auch Projekte von AsKI-Instituten die Auswahl-Kriterien - diese sowie eine Initiative des Kunst- und Kulturpädagogischen Zentrums der Museen in Nürnberg (KPZ) am Germanischen Nationalmuseum werden im Folgenden vorgestellt.

Deutsches Hygiene-Museum Dresden (DHMD)

Wie groß das Interesse junger Besucher an den Basisthemen des Museums ist - dazu gehören u. a. Sucht, Sexualität und AIDS, Genetik, Anatomie und Funktionen des menschlichen Körpers - belegt die Statistik: Rund 40 % der Gäste bis 45 Jahre sind Kinder und Jugendliche. Als "Universalmuseum vom Menschen" hat es sich das DHMD vor allem seit der Neukonzeption von 1991 zum Ziel gesetzt, den "Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft" herzustellen und einen "verantwortungsvollen Umgang mit den Möglichkeiten der modernen Wissenschaften" anzuregen, so Christoph Wingender (DHMD).Scheiben-Torso, Deutsches Hygiene-Museum Dresden, © Foto: ZENTRALBILD Jens Wolf Dieses Bewusstsein soll bereits in jungen Menschen geweckt werden: So werden themen- und lehrplanorientierte, verschiedenen Altersstufen angepasste Führungen durch die Ausstellungen angeboten - im Anschluss daran setzen sich die Jugendlichen über Spiele und Experimente mit komplexen humanwissenschaftlichen Problemen auseinander. In einem "Gläsernen Labor" können sie im Rahmen von Projekttagen molekularbiologische Versuche durchführen oder nach einer "Entdeckungsreise zum Menschen" selbst einen Trickfilm zum Thema herstellen. Ständige Ansprechpartner und Betreuer sind dabei besonders geschulte Experten.

Nach Abschluss der umfangreichen und grundlegenden Sanierung des Museumsgebäudes 2005 kann das Deutsche Hygiene-Museum Dresden mit einem weiteren Highlight aufwarten: Fester Bestandteil der neuen Dauerausstellung wird ein Kindermuseum mit Werkstattcharakter sein, sozusagen ein "Museum im Museum"

Kunsthalle in Emden

Schon seit der Gründung der Kunsthalle in Emden 1983 lag ein besonderer Schwerpunkt auf der Museumspädagogik für junge Menschen. Als erstes Museum in Europa bot die Kunsthalle auch Audioguides für Kinder bzw. Jugendliche in zwei Varianten an, mit freiem Eintritt für Kindergarten- und Schülergruppen. Die jungen Besucher werden nicht nur mit den Kunstwerken in Dauer- und Wechselausstellungen vertraut gemacht, sondern sie erhalten auch Einblick in den üblicherweise nicht zugänglichen Teil des Museums: in Werkstätten und Depots. Haut-Kontakt mit Peter Grossbachs Bronze-Skulptur Sulamith, 1978, © Foto: Kunsthalle in EmdenUm den Schritt vom passiven Betrachten zum aktiven, schöpferischen Gestalten zu ermöglichen, befindet sich seit 1991 direkt gegenüber der Kunsthalle die ihr angegliederte "Malschule". Die Einheit mit dem Hauptgebäude wird allein schon durch die übereinstimmende architektonische Form dokumentiert. Mit der Malschule verbunden war die Vorstellung, ein Haus "entstehen zu lassen, in dem viele Künste unter einem Dach die schöpferischen Potenziale wecken können" (Eske Nannen, auch Förderin und Patin der Initiative "Kinder zum Olymp!", in ihrem "Patenbrief").

Die Angebote richten sich an Kinder (3-11 Jahre), Teens (12-15 Jahre), Jugendliche (16-18 Jahre) und Erwachsene, die Palette umfasst neben Malkursen auch Kurse an der Keramik- und der Theater-Werkstatt, Bildhauerkurse, Kurse zu Computeranimation, Internet u.a.m. - die "Malschule" als "Kunstschule"! Für die jeweiligen Altersstufen zur Auswahl stehen Jahres- und Kompakt-Werkstätten, Kunstreisen sogar schon für die Kleinsten (nach Spiekeroog), Wochenend-Workshops (ab 12 Jahre) und Fortbildungen/Schulungen für Erwachsene.

Ein Angebot aus den Jahreswerkstätten z. B. kostet 28,- € pro Monat inkl. Material für 90 Minuten wöchentlich. Um auch sozial schwächeren Kindern/Jugendlichen die Teilnahme an den Kursen zu ermöglichen, können über einen Fonds, der sich aus privaten Spenden speist, Patenschaften übernommen werden. Als Dozenten konnte die Kunsthalle ausgewiesene Experten gewinnen: u. a. Künstler, Kunst-Pädagogen / -Therapeuten / -Historiker, Maskenbildner, Kommunikationsdesigner - der Leiter der "Malerschule", Engelbert Sommer, ist Sozial- und Theaterpädagoge und Clown.

Seit 2003 gibt es ein neues Projekt, das sich an die Kindergärten der Region Emden richtet: das "Laboratorium KunstKindergarten", großzügig gefördert von der PwC-Stiftung "Jugend - Bildung - Kultur". In 10-wöchigen Kursen beschäftigen sich 5/6-Jährige "mit allen 5 Sinnen" mit einem ausgewählten Exponat der Kunsthalle in Emden und setzen ihre Erfahrung dann kreativ in ein eigenes "Kunstwerk" um.

Kulturstiftung Hansestadt Lübeck: Buddenbrookhaus und Günter Grass-Haus

Lübeck - die Stadt der Nobelpreisträger: neben Willy Brandt auch die Schriftsteller Thomas Mann und Günter Grass. Was lag da näher für einen Leistungskurs Deutsch des Carl-Jacob-Burckhardt-Gymnasiums in Lübeck, als sich auf die Spuren der Autoren zu begeben, die Stadt aus ihrer Sicht zu sehen. Dahinter steht die Idee, "Literatur konkret erfahrbar zu machen" und dabei "den Jugendlichen mehr Eigenverantwortung für ihr Lernen zu übertragen" (Hans Wißkirchen). In kleinen Projektgruppen befassten sich die Schüler jeweils mit einem Werk und setzten das Ergebnis in visuelle Medien um. So begab sich eine Gruppe mithilfe von Günter Grass' "Blechtrommel" auf eine Reise nach Danzig, in die Kindheit des Autors - zunächst nur virtuell, geführt vom Protagonisten des Romans Oskar Matzerath, dann auch in der Realität. Das ganze Projekt liegt nun in Form eines Dokumentarfilms vor, unterlegt mit Zitaten des Autors. Andere Schüler befassten sich mit Heinrich Manns "Professor Unrat". Als Resultat entstand ein Kurzfilm, in dem die Jugendlichen - bekleidet mit Kostümen der Jahrhundertwende aus dem Fundus des Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrums - die Protagonisten darstellen und authentische Orte des Romans im heutigen Lübeck aufsuchen. Filmprojekt auf den Spuren von Autoren Leistungskurs Deutsch des Carl-Jacob-Burckhardt-Gymnasiums in Lübeck, © Foto: Carl-Jacob-Burckhardt-Gymnasium Lübeck

Diese Projekte entstanden in Zusammenarbeit mit dem Buddenbrookhaus und dem Günter-Grass-Haus, beide von der Kulturstiftung Hansestadt Lübeck als Forschungs- und Gedenkstätten betrieben. Die Kooperation mit Schulen ist den Häusern ein Anliegen: So werden spezielle Führungen und literarische sowie didaktisch orientierte Veranstaltungen angeboten, die auf reges Interesse stoßen. Besonders effektiv sind Projekte, die von Lehrern und Schülern im Unterricht bereits intensiv vorbereitet wurden. Dem Buddenbrookhaus ist das Prinzip von "literarischen Inszenierungen" nicht fremd: In zwei authentischen Räumen - dem "Götterzimmer" und dem "Landschaftszimmer" - wird die literarische Umsetzung visuell dargestellt.

Novalis-Museum Schloß Oberwiederstedt

Zur Bedeutung von Märchen in der Romantik muss nicht allzu viel gesagt werden. Volksmärchen galten als "tiefste und reinste Poesie aus der Seele des Volkes", und die Romantiker setzten ihre Kunst-Märchen, die zusätzlich auch eine psychologisch-philosophische Ausrichtung zeigten, zur "bewusste(n) Poetisierung der Welt" ein (s. Gero von Wilpert, Sachwörterbuch der Literatur, Stichwort "Märchen").

Georg Philipp Friedrich von Hardenberg - Novalis - gehörte zum Kreis der Jenaer Frühromantik. So ist es nicht verwunderlich, dass in seinem Geburtshaus Schloß Oberwiederstedt nicht nur seine Werke, sondern auch Märchen gepflegt werden. Auf Initiative von Gabriele Rommel, der Direktorin der Forschungsstätte für Frühromantik und des Novalis-Museums, konnten in den vergangenen Jahren verschiedene Märchen-Projekte für Kinder und Jugendliche im Programm fest verankert werden. So haben Oberwiederstedter Kinder gemeinsam mit der Museumspädagogin Heide Schindler zwei Publikationen erarbeitet: "Alles ist ein Märchen", Zeichnungen und Geschichten zu bekannten und unbekannten Märchen und "Märchen in Rätseln, Rätsel in Märchen". Am Projekt des Märchen-Rätselbuches, in dem es eingebaute Fehler zu entdecken gilt, beteiligten sich, neben dem engeren Märchenkreis, auch Kinder aus der Umgebung mit Vorschlägen. Beide Publikationen von Kindern für Kinder (zu beziehen über das Novalis-Museum) werden in Kindergärten und Schulen der Region im Unterricht verwendet. Für Kinder zwischen 4-14 Jahren wird im Geburtszimmer von Novalis allwöchentlich eine "Märchenstunde" veranstaltet. Die jungen Zuhörer können auch eigene Märchen erfinden und ihre Eindrücke malerisch wiedergeben - der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Festival der Märchen, © Foto: Novalis-Museum Schloß Oberwiederstedt

Jedes Jahr findet in der Adventszeit eine "Märchenweihnacht" statt und an einem Wochenende im Sommer wird das "Festival der Märchen" gefeiert. Die zahlreichen, nicht nur jungen Gäste erleben Märchen-Erzähler, Theater-Aufführungen, Märchen-Verfilmungen, können sich aber auch selber als "Märchen-Erfinder" in das Geschehen einbringen. Das Festival mit dem Untertitel "Ein Fest mit Novalis für die Kinder der Welt" ist mittlerweile zu einer Tradition in der Region geworden, die vom Land, von der Lotto/Toto-Gesellschaft, der Internationalen Novalis-Gesellschaft (ING) und der Novalis-Stiftung großzügig unterstützt wird. Aber auch Bürger engagieren sich, z. B. tragen sie mit "Speis und Trank" zum Gelingen des Festivals bei. Bürgerschaftliches Engagement hat in Oberwiederstedt eine besondere Tradition: Allein einer hartnäckigen Bürgerinitiative ist es zu verdanken, dass das Geburtshaus von Novalis nicht, wie Ende der 80er Jahre in der DDR bereits beschlossen, abgerissen wurde.

Gabriele Weidle M.A.
stellv. Geschäftsführerin des AsKI

Vgl. zu diesem Thema auch das "Leipziger Manifest", das von den Teilnehmern des Kongresses "Kinder zum Olymp! Zur Notwendigkeit ästhetischer Bildung von Kindern und Jugendlichen" verabschiedet wurde. Der Kongress am 29./30. Januar 2004 im Gewandhaus zu Leipzig wurde veranstaltet von der Kulturstiftung der Länder in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für Politische Bildung und der PwC-Stiftung "Jugend - Bildung - Kultur".
(Text des Manifestes s. www.kinderzumolymp.de)
*Zitat aus der Publikation:
Karin v. Welck und Margarete Schweizer (Hrsg.), Kinder zum Olymp! Wege zur Kultur für Kinder und Jugendliche, 352 Seiten mit 130 farbigen Abbildungen, ISBN 3-87909-829-8, 14,80 €.
Eine Initiative der Kulturstiftung der Länder; gemeinsam mit Wolfgang Edelstein, Bernhard Freiherr v. Loeffelholz, Eske Nannen, Götz Plessing, Linda Reisch, Thomas Rietschel, Hellmut Seemann, Karin v. Welck; unterstützt von Gerd Albrecht, Georg Baselitz, Thomas Brussig, Dietrich Fischer-Dieskau, William Forsythe, Petra Gerster, Amélie Niermeyer und den Wise Guys als Paten; gefördert durch die PwC-Stiftung Jugend - Bildung - Kultur
Siehe besonders zu den hier vorgestellten Projekten die Beiträge von Stefan Siebers (Deutsches Hygiene-Museum Dresden), Margarete Schweizer (Kunsthalle in Emden; Novalis-Museum Schloß Oberwiederstedt; KPZ in Nürnberg) und Hans Wißkirchen (Buddenbrookhaus und Günter Grass-Haus).

 

AsKI KULTURBERICHTE 2/2004

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