"Grabmal-Ted" - Ausstellung der Top Ten im Museum für Sepulkralkultur, Kassel

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Grabmal-Ted, 1. Platz: Uwe Spiekermann, Wegzeichen, Pflasterstein blattvergoldet, © Foto: Museum für Sepulkralkultur, Kassel

Im Oktober 2001 wurde von Hermann Weber, Geschäftsführer der Verbraucherinitiative Aeternitas, und Prof. Dr. Reiner Sörries, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal (AFD) und Direktor des Museums für Sepulkralkultur, mit der Internetseite www.grabmal-ted.de der Grabmal-Ted ins Leben gerufen.

Ausgangspunkt war die Feststellung, dass sich in der Friedhofskultur Deutschlands ein grundlegender Wandel vollzieht. Immer häufiger verzichten Menschen auf Grabmale und lassen sich oder ihre Angehörigen ohne Erinnerungszeichen in sog. "Anonymen Gemeinschaftsgräbern" beisetzen.

Über die Ursachen, die zu den Veränderungen der Bestattungsgepflogenheiten beigetragen haben könnten, sind inzwischen zahlreiche sozial- und kulturwissenschaftliche Beiträge erschienen. Doch der Frage, ob eventuell auch brancheninterne Defizite diese Entwicklung beschleunigt haben könnten, wurde bislang nicht nachgegangen. Doch Evaluationen von Meinungsforschungsinstituten sind kostspielig. Deshalb besannen sich Prof. Sörries und Hermann Weber auf die weitaus kostengünstigeren Möglichkeiten, die das Internet als interaktives Medium bietet. Sie stellten den "Grabmal-Ted" ins Internet. Projektziel war, das Internet für eine umfassende Information über die Bandbreite der Grabmalgestaltung zu nutzen. Gleichzeitig erhoffte man sich eine Rückmeldung zu den gestalterischen Vorstellungen der Bevölkerung, die aufgefordert wurde, über die 60 Grabmäler der Internetseite abzustimmen.

Von Oktober 2001 bis Februar 2003 verzeichnete die Seite 16.000 Zugriffe. Interessanterweise entschied sich die Mehrzahl der Besucher der Website nicht für die handelsüblichen Grabsteine, die seit Jahrzehnten das Erscheinungsbild der Friedhöfe dominieren. Sie wählten mit einem kleinformatigen Pflasterstein, in den ein Fingerabdruck eingemeißelt wurde, ein Kunstwerk zum Spitzenreiter, dicht gefolgt von einem Designkonzept, das es ermöglicht, das Andenken an den Verstorbenen auch nach Ablauf der Ruhezeiten auf dem Friedhof im häuslichen Bereich zu wahren. Kein breitformatiger Grabstein mit Flächenpolitur - noch immer das Standardprodukt in Grabmalgeschäften - schaffte es unter die Top Ten!

Die Ausstellung der Top Ten - von Anfang April bis Ende August 2003 im Museum für Sepulkralkultur, Kassel, zu sehen - stieß auf überwältigende Resonanz. Fernsehen, Rundfunk und überregionale Printmedien berichteten bundesweit über den Grabmal-Ted und die Ausstellung. Daraufhin registrierte die zweite Staffel des Grabmal-Ted, bei der die Besucher der Website unter 60 Grabmälern ihre Favoriten nicht nur wählen, sondern auch bestellen können, in den ersten beiden Monaten mehr Zugriffe als die erste insgesamt verzeichnen konnte. Man interessiert sich offensichtlich wieder für Grabsteine. Der Grabmalbranche sollte der Grabmal-Ted deshalb zu denken geben, denn möglicherweise produziert sie an den Bedürfnissen ihrer "Klienten" vorbei. Darüber hinaus demonstriert die erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit, dass sich die Arbeit, die in Kultureinrichtungen geleistet wird, auch für krisengeschüttelte Wirtschaftszweige auszahlt.

Gerold Eppler
wissenschaftlicher Mitarbeiter des
Museums für Sepulkralkultur, Kassel

AsKI KULTURBERICHTE 2/2003

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