„Eine Skizze bin ich und Skizzen habe ich geschaffen…“ Carl Alexander Simon – zum 200. Geburtstag eines Wartburg-Visionärs. Sonderausstellung auf der Wartburg

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Carl Alexander Simon, Der Sängerkrieg auf der Wartburg, Öl, 1838, © Foto: Wartburg-Stiftung, Eisenach

Dem resignierenden Zitat des Malers und Schriftstellers Carl Alexander Simon konnte man bislang nur zustimmen:

Sechs Jahre lebte er in Weimar, wirkte dort an der Gestaltung der Dichterzimmer im Residenzschloss mit, regte die Erneuerung der Wartburg an, brachte Gedanken und Entwürfe dazu aufs Papier – alles ohne Nachhall. Ein bedeutungsloser, zu Recht vergessener Stümper?

Als Simon seine Denkschrift über die Wartburg 1839 vorlegte, hatte er sich mit dem Gegenstand auseinander gesetzt wie kein anderer zuvor und lieferte ein bemerkenswert frühes Zeugnis wissenschaftlicher Burgenforschung. Darüber spann der Romantiker jedoch hehre Visionen von einem nationalen Heiligtum, in der der Geist großer deutscher Vergangenheit wehe und lehrend wirke. Simons spektakuläre Pläne widersprachen denen des Bauherrn, Carl Alexander von Sachsen-Weimar-Eisenach; der Maler verließ das Großherzogtum.

1805 in Frankfurt an der Oder geboren, studierte Simon zunächst an der Berliner Akademie, danach bei dem seinerzeit berühmten Peter Cornelius in München. Zugleich widmete er sich der Philosophie Hegels und Schellings, schrieb, dichtete, war auch in der Musik gebildet und hegte darüber hinaus naturwissenschaftliches Interesse. Nach mehrjährigem Aufenthalt in Italien und Berlin hinterließ er in Weimar die bekanntesten seiner künstlerischen Spuren. Die anschließende Stuttgarter Zeit sah ihn vor allem als wortgewandten Demokraten, ständig zwischen drohender Verhaftung und Landesverweis. Wenn man dem Volk nicht die Tyrannen nehmen könne, müsse dem Tyrannen das Volk genommen werden, stellte Simon nach der gescheiterten Revolution 1848/49 fest und propagierte die Auswanderung nach Chile, das schon seit den 1830er Jahren um deutschen Zuzug warb. Mit Hilfe des Schwagers, der einer der Pioniere der Einwanderung war, hoffte der mittlerweile 45-jährige Simon sein Ideal von der besseren, gerechteren Gesellschaft zu verwirklichen. Als Teilnehmer einer Expedition an die Südspitze Chiles fand er im Herbst 1852 in den Urwäldern Patagoniens einen gewaltsamen Tod.

Trotz eines abenteuerlichen Weges und scheinbarer Brüche ist Carl Alexander Simon seinem Lebensziel treu geblieben: Die mittels „der Kunst wiedergeborene“ Wartburg sollte ein „Tempel der Geschichte“ sein, sein Zweck die geistige und moralische Hebung des ganzen Volkes, das durch Bildung und Belehrung zu Mündigkeit, Selbstbewusstsein und Selbstbestimmung gelangt. Gleiche Ideale verfocht der Demokrat vor und während der revolutionären Bewegung in Württemberg und wiederum auch in Südamerika, wenn er seine deutschen Brüder aufrief „mitzubauen an dem schönsten Nationaldenkmal, an dem Tempel der Größe, der Ehre, der Auferstehung des deutschen Volkes“ – in einem fremden Land.

Die Ausstellung „Eine Skizze bin ich und Skizzen habe ich geschaffen…“ (bis 31. Oktober 2005) widmet sich zunächst den exponierten Wirkungsorten Simons: Weimar und Wartburg. Von dort sind die Entwürfe, die er für die Ausgestaltung eines der Dichterzimmer im Residenzschloss anfertigte. Für seine Beschäftigung mit der Wartburg stehen neben einer durchaus eigenständigen Komposition des legendären Sängerkriegs seine z.T. phantastischen Vorschläge und Zeichnungen zur Wiederherstellung der Burg. Besonders reizvoll dürfte ein danach angefertigtes Modell sein. Trotz deutschlandweit verstreuter, auch in chilenischen Museen und Archiven befindlicher bzw. nicht mehr auffindbarer Arbeiten kann die Ausstellung einen repräsentativen Überblick von Carl Alexander Simons künstlerischem Schaffen geben.

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