Deutsches Literaturarchiv Marbach: Erwerb des Archivs von Hans Magnus Enzensberger

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Das Literaturmuseum der Moderne in Marbach, Foto: Valentin Wormbs, Stuttgart

Er ist ein herausragender Schriftsteller und Intellektueller, der das Literatur- und Geistesleben seit Jahrzehnten in Bewegung hält: Hans Magnus Enzensberger gehört zu den wenigen international hoch geschätzten deutschen Autoren und den stilbildenden Klassikern der Moderne.

Dank der Unterstützung der Beauftragen der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), des Freundeskreises des Deutschen Literaturarchivs Marbach und Professor Dr. Reinhold Würth, Vorsitzender des Stiftungsaufsichtsrats der Würth-Gruppe, konnte das Deutsche Literaturarchiv Marbach das Archiv von Hans Magnus Enzensberger erwerben. Der Bestand wird in den nächsten Jahren sukzessive übernommen und für die Forschung erschlossen. Er umfasst ca. 100 Archivkästen mit Manuskripten, Dokumenten und Materialien sowie seine Hand- und Arbeitsbibliothek.

Zu fast allen Werken Hans Magnus Enzensbergers sind Entwürfe und Vorstufen überliefert, die als Grundlage für zukünftige biografische Arbeiten und textkritische Ausgaben unerlässlich sind. Darüber hinaus finden sich auch unveröffentlichte und nicht abgeschlossene Arbeiten sowie Materialsammlungen zu diversen Themenkomplexen, umfangreiche Vorarbeiten zur Herausgabe der von ihm ins Leben gerufenen „Anderen Bibliothek" (1985–2004), audiovisuelle Materialien, Fotografien, Verträge, Urkunden und Sammlungen von Zeitungsausschnitten zu seinem Lebenswerk. Der Bestand enthält wichtige Korrespondenzen mit u. a. Theodor W. Adorno, Günther Anders, Alfred Andersch, Ingeborg Bachmann, Jürgen Becker, Heinrich Böll, Alfred Brendel, Italo Calvino, Paul Celan, Rudi Dutschke, Peter Esterházy, Erich Fried, Max Frisch, Günter Grass, Durs Grünbein, Lars Gustafsson, Michael Hamburger, Hans Werner Henze, Wolfgang Hildesheimer, Uwe Johnson, Ryszard Kapuscinski, Wolfgang Koeppen, Herbert Marcuse, Martin Mosebach, Pablo Neruda, Christoph Ransmayr, Hans Werner Richter, Peter Rühmkorf, Nelly Sachs, W. G. Sebald, Charles Simic, Susan Sontag, Siegfried Unseld, Martin Walser und Peter Weiss.

Hans Magnus Enzensberger (*1929) arbeitete als Rundfunkassistent in Stuttgart, als sein Debüt, der Gedichtband „verteidigung der wölfe", im Jahr 1957 erschien. Er war Mitglied der Gruppe 47, im Jahr 1963 erhielt er den Georg-Büchner-Preis, es folgten u. v. a. der Heinrich-Böll-Preis (1985), der Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf (1998) und der Ludwig-Börne-Preis (2002). Mit der Zeitschrift „Kursbuch", die er von 1965 bis 1975 herausgab, wurde er zu einem der wichtigsten Stichwortgeber der Studentenbewegung. In den 1960er Jahren prägte Enzensberger die »Suhrkamp-Kultur«, konzipierte Buchreihen und beriet den Verlag. In den 1980er Jahren gab er wichtige Impulse mit der Zeitschrift „TransAtlantik" und der legendären „Anderen Bibliothek". Große Beachtung fanden in jüngster Zeit Enzensbergers europakritischer Essay „Sanftes Monster Brüssel" (2011) und die Prosasammlung „Herrn Zetts Betrachtungen" (2013). Zuletzt erschien sein autobiographischer Rückblick „Tumult" (2014).

Das Archiv von Hans Magnus Enzensberger fügt sich im Deutschen Literaturarchiv auf einzigartige Weise in die bereits vorhandenen Sammlungen ein. Wichtige Verbindungen bestehen etwa zu den Nachlässen von Enzensbergers Mentoren und Vorbildern (u.a. Alfred Andersch, Günter Eich, Nelly Sachs) als auch zu jenen jüngerer Autoren, die wiederum von ihm gefördert wurden. Darüber hinaus gehört das Archiv von Enzensberger in den Sammlungskontext des Suhrkamp Verlags, der seit der Übernahme des Siegfried Unseld Archivs (SUA) im Jahre 2009 für das DLA von zentraler Bedeutung ist.

 

AsKI KULTUR lebendig 1/2015

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