Deutsches Hygiene-Museum Dresden: 2° Das Wetter, der Mensch und sein Klima

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Deutsches Hygiene-Museum Dresden, Foto: Oliver Killig

Die Frage nach dem Verhältnis des Menschen zu Wetter und Klima, nach seinen Bedingungen, seiner Geschichte, seinen kulturellen Ausformungen, seiner Veränderlichkeit, ist der Ausgangspunkt der Ausstellung.

Einführung

Die Frage nach dem Verhältnis des Menschen zu Wetter und Klima, nach seinen Bedingungen, seiner Geschichte, seinen kulturellen Ausformungen, seiner Veränderlichkeit, ist der Ausgangspunkt der Ausstellung „2° Das Wetter, der Mensch und sein Klima“. Dieses Verhältnis befindet sich im Moment – was die westliche Moderne betrifft – in einem Umbruch. Aber es ist nie geschichtslos, nie einfach nur neu zu definieren, sondern in ihm sind eine jahrtausendelange Geschichte und viele Geschichten »aufgehoben«. Durch diese will die Ausstellung einige Schneisen schlagen.

Cool < 2° C - Appell am Taipei 101, Taiwan, April 2008, © Courtesy Daniel M. Shih, Taiwan

Wetter und Klima werden heute vornehmlich als Problem der Naturwissenschaften behandelt. Die Ausstellung geht demgegenüber davon aus, dass die Frage, wie wir mit und in der Atmosphäre leben, nicht zuletzt eine kulturelle ist. Aus dieser Frage leitet sich die Grunderzählung der Ausstellung ab. Diese positioniert sich nicht in erster Linie zum Zustand der Atmosphäre (auch wenn sie voraussetzt, dass der anthropogene Klimawandel tatsächlich stattfindet und für die Menschen bedrohlich ist), sondern sie geht der Geschichte und den Geschichten eines Verhältnisses nach, das die westliche Welt zu dem aufgebaut hat, was sie als Wetter und Klima bezeichnet. Und sie konfrontiert dieses Verhältnis im Verlauf der Ausstellung immer wieder mit Perspektiven, die anderen Kulturen des Wetters entstammen. Die Ausstellung geht davon aus, dass dieses Verhältnis komplex ist, dass es viele verschiedene Ebenen hat und von Ungleichzeitigkeiten bestimmt wird.

Es ist ein Verhältnis, das wir gerade erst neu zu reflektieren beginnen und das sich vor allem in dem manifestiert, was es hervorgebracht hat und ständig hervorbringt: Objekte aus den unterschiedlichsten Bereichen, Bilder, Daten, Medien, Begriffe. Das heute verfügbare naturwissenschaftliche Wissen über Wetter und Klima sowie über ihr »Funktionieren« ist eine zentrale Facette dieses Verhältnisses, und daher nimmt die Vermittlung dieses Wissens einen großen Stellenwert ein – ebenso die Wege, auf denen, und die Unsicherheiten, mit denen dieses Wissen produziert wird. Zu den »Klimazeugen«, die in Video-Statements, die die Ausstellung als eigene Ebene durchziehen, ihre Sicht auf Wetter und/oder Klima schildern, gehören Wissenschaftler, die heute über Wetter und Klima forschen. Wenn sie zum Beispiel erläutern, welche Klimaänderungen sie erwarten, erzählen sie zugleich von einem spezifischen Blick auf die Dinge. So entsteht ein Spannungsfeld zwischen der Atmosphäre als globaler wissenschaftlicher Tatsache, den je regionalen Verhältnissen, Veränderungen und Interessen und etwa 6,6 Milliarden individuellen Deutungen. Jeder Einzelne ist ein Experte, jeder könnte seine persönlichen Geschichten von Wetter und Klima erzählen. Die Ausstellung geht davon aus, dass auch und gerade diese individuellen Perspektiven relevant sind, nicht zuletzt für Überlegungen zu globalen Strategien angesichts eines von Menschen veränderten Klimas.

Die Abteilungen

Es ist kein Zufall, dass man die Frage nach der Darstellung von Wetter (oder von Klima) vor allem am Thema Film behandelt findet. Meteorologische Phänomene befinden sich in permanenter Bewegung, keine Wettersituation gibt es zweimal, und das Ziehen der Wolken etwa kann ohnehin mit dem Zeitraffer besser beobachtet werden als mit bloßem Auge – schon durch seine zeitliche Struktur also scheint das Wetter für den Film prädestiniert. Anders als ein Film kann aber eine Ausstellung Perspektiven aus unterschiedlicher Distanz nicht nur hinter-, sondern auch neben- oder gegeneinander stellen. Sie kann beispielsweise eine Klimakurve, die den gesamten Verlauf der globalen Temperatur seit etlichen Millionen Jahren beschreibt, mit dem Schirm konfrontieren, den die Queen aufspannt, wenn sie von einem Schauer getroffen wird. Ein Schirm, der wiederum in einer sehr langen Geschichte herrschaftlicher Repräsentationsformen figuriert. Daher nimmt die Ausstellung in vier großen Abteilungen jeweils unterschiedliche Perspektiven dem gegenüber ein, was wir heute Wetter, Klima, Atmosphäre nennen, betrachtet es aus jeweils unterschiedlichen Distanzen und beleuchtet so vier Ebenen des Verhältnisses zwischen Mensch und Atmosphäre. Sie folgt dabei den menschlichen Strategien, vom passiven Objekt der Naturgewalten zum souveränen Akteur zu werden.

Die erste Abteilung zeigt, was vor jedem Verständnis, vor jeder Reaktion liegt: wie der Mensch sich als Objekt der Atmosphäre wieder findet. Die zweite Abteilung erzählt vom Versuch, Wetter und Klima zu erforschen, zu verstehen und vorherzusagen. Die dritte Abteilung geht der Wechselbeziehung nach, die sich aus der Natur von Wetter und Klima ergibt, zeigt Wetter und Klima als Auslöser von Kultur und den Menschen als Schöpfer seiner eigenen Binnenklimata. Die vierte Abteilung schließlich fragt nach dem uralten Traum, das Wetter zu beeinflussen, der sich heute anders erfüllt als ursprünglich erhofft. Dabei geht es nicht um einen zeitlichen Verlauf, denn diese Dimensionen eines Verhältnisses verlaufen parallel. Aber in den unterschiedlichen Facetten dieses Verhältnisses zeigt sich eine moderne Geschichte von Wetter und Klima, die beides ist: Natur- und Kulturgeschichte.

 Petra Lutz

 

AsKI-Newsletter KULTUR lebendig 2/2008

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