‘Dem Brot zuliebe‘ Das Museum der Brotkultur, Ulm, feiert 50-jähriges Bestehen

© Foto: Museum der Brotkultur, Ulm

'Dem Brot zuliebe' ist der Titel des soeben erschienenen Jubiläumskataloges. Der Tenor der Museumsarbeit des Ulmer Hauses ist zukunftsorientiert und liegt auf der Vergegenwärtigung des Hungers in der Welt und dessen Bekämpfung.

Im Kornhaus der Stadt Ulm hatte sich am 1. Oktober 2005 alles, was in Baden-Württemberg Rang und Namen hat, eingefunden, um dem Gründer Dr. Dr. h.c. Hermann Eiselen im Gedenken an dessen Vater zu gratulieren, u. a. Ministerpräsident a.D. Erwin Teufel, OB Ivo Gönner, der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks Peter Becker aus Hamburg, die zu dem Zeitpunkt noch amtierende Kultusministerin von Baden-Württemberg Dr. Annette Schavan, in der neuen Bundesregierung Bildungsministerin.

Der Gründungsnachfolger Hermann Eiselen ist, wie er in seiner Rede erinnerte, der einzige noch lebende Protagonist aus der Gründungsriege. Sein Dank gelte seinem Vater, allen Förderern und Gremien, dem Land, das den Salzstadel für das Museum zur Verfügung stellt, sowie dem Kreis und der Stadt. Er zog eine positive Bilanz der 50 Jahre des ersten Museums weltweit, das sich dem Thema Brotkultur in dieser Form angenommen habe: Ca. 1 Mio. Besuchern wurden 16.000 Artefakte, 2.800 graphische Blätter, eine Fachbibliothek mit rd. 6.000 Bänden sowie über 50 Sonderausstellungen geboten.

Eiselen zeichnete die Zukunft des aus Zinserträgen gespeisten privaten Stiftungskapitals als schwierig. Aber nicht allein das Geld mache ihm Sorgen, sondern die, wie er es feststellte, Geschichtslosigkeit der Jugend und die vielen anderen Freizeit-Möglichkeiten, der alles einnehmende Markt 'Sport', das übermäßige Fernsehangebot. Er charakterisierte den Verlust der Sonderstellung, die Brot einst unter den Lebensmitteln hatte. Dennoch sei Brot nach wie vor ein Stück Menschheitsgeschichte. Um dies zu dokumentieren, habe man sich vor drei Jahren auch zum Namenswechsel des Museums entschieden - von 'Brotmuseum' zu 'Museum der Brotkultur'. Dass man dem 'Hunger in der Welt' und dem Thema 'Wasser' zukünftig sehr verpflichtet sei und eigene Forschung in der Universität Hohenstein und Ulm ermögliche, werde auch durch die Umstrukturierung der Sammlung deutlich. Die Umstände zu erforschen, zu moderieren und zur Änderung der Tatsache beizutragen, dass bei etwa sieben Milliarden Menschen heute noch immer weltweit jeder achte Hunger leiden müsse, das sei gerade ihm als Museumsgründer und Stifter, der selbst Krieg und Hunger erlebt habe, eine Herzensangelegenheit.

Mit einem Gedicht - passend zum Thema Brot -, das die Mutter von Erwin Teufel einst verfasst hatte, übergab Hermann Eiselen das Wort an den Ministerpräsidenten a.D. Dieser griff das Anliegen des Hauses auf und bezeichnete den Hunger in der Welt als einen Skandal, denn mit Brot, Bildung, Gesundheit gehe Menschenwürde einher. Er hob die gelungene Präsentation und Vermittlung dieses immer noch symbolkräftigen Nahrungsmittels hervor und dankte Hermann Eiselen auch für seinen Forschungseinsatz.

Oberbürgermeister Ivo Gönner schenkte aus dem Archiv der Stadt Ulm ein Blatt mit Roggenähren-Motiv von 1779, darunter versehen mit einem Gedicht von 1816. Er freue sich, dass er Hermann Eiselen in diesem Jahr seine Anerkennung in Form der Bürgermedaille habe aussprechen können. Gönner erinnerte daran, dass das Jubiläum mit dem Erntedankfest zusammenfalle - ein Umstand, dem man bei der üppigen Dekoration des Festsaales Rechnung getragen habe.

Den Festvortrag hielt Prof. Dr. Volker Himmelein, den Museumsdirektor Dr. Andrea Fadani in seinen überleitenden Worten als Direktor a.D. des Württembergischen Landesmuseums Stuttgart und Protagonisten der deutschen Museumsszene herzlich begrüßte. Himmelein gab einen Abriss über die Entwicklung der deutschen Museumslandschaft seit 50 Jahren und hielt ein Plädoyer für die klassische Museumsform, in der die Artefakte das Wesentliche seien, auch bei Themenmuseen. Das Entdeckenlassen, das 'Sinne Fesselnde und den Geist Beflügelnde' mache den Sinn der Museumsarbeit aus. Auch Hinweise auf Missstände stünden einem Museum gut an - wie es im Museum der Brotkultur fachgerecht geschehe.

Gerahmt wurde die Festveranstaltung von Darbietungen der Mitglieder des Orchesters der Universität Ulm unter Leitung von Burghard Wolf und unter Mitwirkung des Museumsdirektors Fadani als Bassist. Gespielt wurden die Gavotte aus der Suite "Aus Holbergs Zeit" von Edward Grieg und "The Dargason" aus der St. Paul's Suite von Gustav Holst. Ein Rahmenprogramm an diesem und dem darauf folgenden Tag rundete das Jubiläum ab.

Sabine Jung

AsKI-Newsletter KULTUR lebendig 3/2005

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