Bauhaus-Archiv Berlin ∙ Stiftung Bauhaus Dessau ∙ Klassik Stiftung Weimar: 90 Jahre Bauhaus - modell bauhaus

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Marcel Breuer, Stühle in vier Größen, 1924, © Bauhaus-Archiv, Berlin

Bereits vor Jahren wurde über das Projekt einer gemeinsamen Bauhaus-Ausstellung auf Leitungsebene der drei Bauhaus-Institutionen – Bauhaus-Archiv Berlin, Stiftung Bauhaus Dessau, Klassik Stiftung Weimar – diskutiert.

Wäre es nicht an der Zeit, eine umfassende Präsentation zur Geschichte und Nachwirkung des Bauhauses zu realisieren? Seit der großen Schau in Stuttgart 1968, bei der die Mitwirkung der ostdeutschen Einrichtungen aus politischen Gründen nicht möglich war, hatte es nichts Vergleichbares mehr gegeben. Die einzigartigen Bestände der drei Häuser in Berlin, Dessau und Weimar und das umfassende Wissen der Mitarbeiter lieferten dafür doch die beste Ausgangsbasis! Rasch kam der Vorschlag auf, das 90. Gründungsjubiläum zum Anlass zu nehmen. Denn dieser runde Geburtstag fällt zugleich ins 20. Jahr des Mauerfalls – ein Datum, das für die eigene Geschichte der drei bereits vor 1989 gut miteinander kooperierenden Einrichtungen von großer Bedeutung ist.

In der Phase der ersten Konzeptionierung trat dann das Museum of Modern Art in New York, das von unserem Projekt erfahren hatte, mit dem Wunsch einer Zusammenarbeit an uns heran. Denn MoMA beabsichtigte selbst, sein im Jahr 2009 anstehendes 80. Jubiläum mit einer Bauhaus-Ausstellung zu begehen. Für die damaligen Gründer des Hauses war das Bauhaus das maßgebliche Vorbild für den Aufbau einer zeitgenössischen Sammlung gewesen, die über die Bereiche Malerei, Graphik und Skulptur hinaus als erste überhaupt auch Architektur, Fotografie und Design berücksichtigte. Seit der 1938 von Walter Gropius und Herbert Bayer am MoMA ausgerichteten Bauhaus-Ausstellung hatte es außerdem keine weitere zu diesem Thema gegeben.Walter Gropius 1928 vor seinem Entwurf zum Tribune Tower von 1922, © Bauhaus-Archiv, Berlin / Associated Press Zur Kooperation mit dem MoMA kommt außerdem die großzügige Unterstützung mit Leihgaben des Busch Reisinger Museums (Harvard University) hinzu, das in den USA wohl die bedeutendste Kollektion von Bauhaus-Werken besitzt, sowie der Josef and Anni Albers Foundation, ferner kollegiale Zusagen für zentrale Arbeiten aus den Sammlungen großer europäischer Häuser. Es scheint daher keineswegs übertrieben zu behaupten, dass die Ausstellung modell bauhaus eine einzigartige Präsentation und Würdigung des Bauhauses darstellen wird, die in einer vergleichbaren Qualität und Dichte zuvor niemals möglich gewesen ist: Sie schöpft aus den Sammlungen der ehemals west- und ostdeutschen Einrichtungen und führt Werke der Bauhäusler zusammen, die in den USA als Exilanten eine neue Heimat gefunden hatten.

Die im Berliner Martin-Gropius-Bau – auf der Erdgeschossebene samt Lichthof – stattfindende Ausstellung wird sich der gesamten Geschichte des Bauhauses, von seiner Gründung durch Walter Gropius 1919 in Weimar über seine Re-Etablierung in Dessau bis zur endgültigen Schließung 1933 in Berlin widmen. Darüber hinaus werden fünf thematische Schwerpunkte zur Wirkungsgeschichte des Bauhauses gesetzt, die sich der Frage nach der anhaltenden Bedeutung und weltweiten Ausstrahlung des Bauhauses widmen. Eine internationale Konferenz (Martin-Gropius-Bau, 21.-25. September 2009), eine in Weimar, Dessau und Berlin stattfindende Summer School sowie ein umfassendes Rahmenprogramm im Bauhaus-Archiv Berlin begleiten die Ausstellung.

Abweichend von bisherigen Präsentationen, die die Geschichte des Bauhauses nach seinen Wirkungsorten – meist auf Weimar und Dessau konzentriert, ohne Berücksichtigung der kurzen Endphase in Berlin – oder nach den verschiedenen Werkstätten gliederten, wird modell bauhaus einen anderen Weg einschlagen. In einer eher losen Chronologie sollen thematische Schwerpunkte gesetzt werden, die z.B. die Voraussetzungen zur Gründung des Bauhauses umfassen, die Berufung der Meister, das pädagogische Prinzip des Vorkurses, den Unterricht in Form und Farbe, die Werkstattarbeiten der Schüler, Einflüsse des Konstruktivismus und der de stijl Gruppe, die große Bauhaus-Ausstellung 1923 in Weimar, die Dessauer Bauhaus-Bauten, Synthesekonzepte (Raum, Licht, Bühne), die Schaffung von Prototypen für die indus-trielle Herstellung, Fotografie am Bauhaus oder den Architekturunterricht unter Hannes Meyer und Mies van der Rohe.

Unbekannt, Das Leben am Bauhaus Weimar: Bauhäusler und Gäste, um 1922, Silbergelatinepapier, Abzug: 11,1 x 8,4 cm, © Bauhaus-Archiv Berlin Im Vordergrund steht dabei nicht ein Bauhaus der berühmten Meisterpersönlichkeiten, sondern eine gewichtete Präsentation, die den Schülern und ihren am Bauhaus entstandenen Arbeiten einen breiten Raum lässt, zugleich aber die Bedeutung der Meister in ihrer doppelten Funktion als Künstler und Lehrer herausstellt. Besonderer Wert wird darauf gelegt, neben den weltberühmten Ikonen – Bauhaus-Lampe, Tee-Extraktkännchen, Stahlrohrmöbel, Licht-Raum-Modulator – auch weniger bekannte oder noch nie gezeigte Arbeiten zu berücksichtigen. Hierzu gehört der Jahrzehnte lang verschollen geglaubte, vor wenigen Jahren erst aus Privatbesitz vom Bauhaus-Archiv erworbene legendäre Afrikanische Stuhl – das auratische Erstlingswerk von Marcel Breuer mit der textilen Rückenbespannung von Gunta Stölzl – oder Bauhaus-Kleider, die Lis Volger und Grete Reichardt gewoben und geschneidert haben. Durch die Zusammenführung von Werken aus unterschiedlichen Sammlungen – z.B. die berühmten Entwürfe von Herbert Bayer für Kioske aus den Jahren 1923/24, die sich heute im Bauhaus-Archiv Berlin und im Busch Reisinger Museum der Harvard University befinden, oder Architekturzeichnungen aus dem Büro von Walter Gropius, heute in den Sammlungen von Berlin, Dessau und Harvard – können wieder geschlossene Werkzusammenhänge hergestellt werden.

Quasi eingewoben in diese Geschichte des Bauhauses wird anhand von Dokumenten und künstlerischen Arbeiten der Bauhäusler der beständige Kampf der Schule gegen die Diffamierung seitens der Rechtsparteien, insbesondere der Nationalsozialisten. Einige eigens produzierte Kurzfilme erläutern zudem das Weiterleben des Bauhauses hinsichtlich folgender Themen: Bauhaus-Moderne im Nationalsozialismus, internationale Verbreitung der Bauhaus-Pädagogik, mediale Selbstdarstellung des Bauhauses, Re-Editonen von Bauhaus-Objekten. Schließlich befasst sich die amerikanische Künstlerin Christine Hill in einer im Lichthof des Martin-Gropius-Baus eingerichteten Installation mit verschiedenen Fragen an das Bauhaus heute.

Auch der zur Ausstellung erscheinende Katalog sucht einen neuen Weg innerhalb der Fülle bereits existierender Bücher zum Bauhaus: Hier sollen 68 in prägnanten Kurztexten vorgestellte Schlüsselwerke exemplarisch die Geschichte des Bauhauses repräsentieren, während in fünf Essays die Themen zum Weiterwirken des Bauhauses behandelt werden. Der einleitende Aufsatz befasst sich mit dem avantgardistischen Selbstverständnis des Bauhauses als Vorbild, untersucht sowohl die modellhafte Wirkung in seiner Zeit als auch seine Bedeutung als Referenzpunkt für nachfolgende Generationen.

Annemarie Jaeggi, Direktorin des Bauhaus-Archivs Berlin


Die von den wissenschaftlichen Mitarbeitern in Berlin, Dessau und Weimar kuratierte Ausstellung modell bauhaus wird vom Büro chezweitz & roseapple gestaltet, ebenso das gleichnamige Katalogbuch, das im Hatje-Cantz Verlag erscheint und an der Ausstellungskasse € 29,80 (im Buchhandel € 39,80) kostet.

Im Anschluss an die Präsentation in Berlin zeigt das Museum of Modern Art in New York die Ausstellung in kleinerem Umfang unter dem Titel Bauhaus. Workshops for Modernity vom 8. November 2009 bis 18. Januar 2010.

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Eine Ausstellung des Bauhaus-Archivs Berlin, der Stiftung Bauhaus Dessau und der Klassik Stiftung Weimar

Martin-Gropius-Bau Berlin

22. Juli - 4. Oktober 2009 www.modell-bauhaus.de

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