AsKI-Erfahrungsaustausch 2011 - Pflichtaufgabe Forschung: Das Museum als Ort der Erkenntnis und ihrer Vermittlung

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AsKI Erfahrungsaustausch 2011 in Marbach: von links nach rechts: Katharina Ulbrich, VolkswagenStiftung; Dr. Nicole Kämpken, Beethoven-Haus; Dr. Andrea Fadani, Eiselen-Stiftung, Foto: Franz Fechner, Bonn

Schon seit einiger Zeit beklagen viele Museumsfachleute, dass ein ständig wachsender Ausstellungsbetrieb, der sich an steigenden Einnahmen und Besucherzahlen zu orientieren hat, die anderen drei Säulen der Museumsarbeit - das Forschen, Sammeln und Bewahren - in den Hintergrund drängt.

Diese Entwicklung ist umso bedenklicher als die Forschung ja das eigentliche Fundament jeder Museumsarbeit ist. Forschung an Museen, das bedeutet zugleich, einen gesellschaftlichen Bildungsauftrag wahrzunehmen: Denn in der Regel werden die Ergebnisse nicht nur einem wissenschaftlichen Fachpublikum zugänglich gemacht, sondern in Ausstellungen, Vorträgen etc. einer breiteren Öffentlichkeit vermittelt. An keinem anderen Ort werden kognitive wie sinnliche Erfahrungen so erlebbar wie im Museum. Forschung in Museen hat damit also eine große ‚gesellschaftliche Relevanz‘, ein Kriterium für Forschungsförderung, das zunehmend in den Fokus der Geldgeber rückt.

Wie es um diesen Bereich in den Museen tatsächlich bestellt ist und wie man der Forschung vor allem finanziell auf die Sprünge helfen kann, war Thema eines Erfahrungsaustausches, den der AsKI auf Wunsch seiner Mitglieder im Juli im Deutschen Literaturarchiv Marbach veranstaltete.

Unter dem Titel „Forschung in Kultureinrichtungen - Nachhaltigkeit von Museumsarbeit und öffentliche Wahrnehmung" hatte der AsKI Referenten aus forschungsfördernden Einrichtungen eingeladen, die ihre ganz speziellen Förderungsprofile vorstellten. Dazu gab es Erfahrungsberichte aus AsKI-Instituten, die mit der jeweiligen Fördereinrichtung bereits zusammen gearbeitet hatten und über z.T. mehrjährige Projekte berichten konnten.

Claudia Althaus von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, DFG, dem größten Drittmittelgeber für die Geisteswissenschaften, wies in ihrem Vortag darauf hin, dass Förderanträge aus den Museen deutlich unterrepräsentiert sind. Nur einer von zwölf Anträgen komme aus einem Museum, auch werde die Beratungsmöglichkeiten im Vorfeld viel zu selten genutzt. Althaus machte vor allem auf „Töpfe" aufmerksam, die noch nicht ausgeschöpft sind: So bestehe etwa die Möglichkeit für Nachwuchswissenschaftler mit einem interessanten Projekt für sich selbst eine Stelle zu schaffen. Ferner gebe es für Forscher aus unterschiedlichen Einrichtungen die Möglichkeit, sog. Kolleg-Forschergruppen zu bilden, eine neue Möglichkeit des wissenschaftlichen Austauschs. Für den Museumsbereich interessant ist außerdem das Programm zur Erschließung und Digitalisierung von Objekten wissenschaftlicher Sammlungen. Auch die gezielte Förderung des Erkenntnistransfers, also die Übertragung von wissenschaftlichen Ergebnissen in praktische Anwendungsbereiche, so Althaus, ist insbesondere für Museen von Interesse, handelt es sich doch hier um eine ihrer genuinen Aufgaben.

Die „Übersetzungsfunktion der Geisteswissenschaften" zu stärken, ist ebenso ein zentrales Anliegen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, BMBF. Seit dem „Jahr der Geisteswissenschaften" setzt sich das BMBF, so Karin Korn-Riedlinger, verstärkt für interdisziplinäre Forschungen zwischen Natur- und Geisteswissenschaften ein. Im Museumsbereich liege der Schwerpunkt auf der Stärkung museumsspezifischer Methoden sowie einer besseren Vernetzung mit den Universitäten. Heike Gfrereis und Marcel Lepper vom Deutschen Literaturarchiv in Marbach gaben hierzu einen Einblick in das Programm „wissen und museum", das beispielhaft neue Wissens- und Vermittlungsansätze in Zusammenarbeit zwischen Universität und Museum erarbeitet und gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs erprobt. Museen als „vierte Säule" der Forschung (Bredekamp) nehmen eine wichtige Brückenfunktion zur Bildung wahr.

Das Literaturmuseum der Moderne in Marbach, Foto: Valentin Wormbs, Stuttgart

Über das eigens für Museen aufgelegte Programm „Forschung in Museen" der VolkswagenStiftung berichtete Katharina Ulbrich, das sich insbesondere an kleine und mittlere Museen richtet und ausdrücklich eine Schärfung des Forschungsprofils in der öffentlichen Wahrnehmung zum Ziel hat. Gefördert werden insbesondere Projekte zwischen Museen und Forschungseinrichtungen mit dem Ziel, das Museum als Forschungsinstitution und den wissenschaftlichen Nachwuchs im Bereich der sammlungsbezogenen Forschung zu fördern. Die mit Abstand größte Fördersumme der Stiftung, etwa 40 %, gehe in die Geisteswissenschaften. Gefördert werden in der Regel Projekte im Wege der Vollfinanzierung über vier Jahre, wobei ein Museum federführender Antragsteller sein muss.

Fazit: Unter den Teilnehmern bestand Einigkeit, dass die Forschung eine originäre Pflichtaufgabe ist, für die es keinen Rechtfertigungszwang geben darf. Wünschenswert wäre es aus Sicht der Teilnehmer auch, wenn Synergieeffekte der Forschung besser genutzt werden könnten und Projekte damit nachhaltiger gefördert würden. Alle Referentinnen rieten dazu, die Beratungsfunktion der fördernden Einrichtungen stärker zu nutzen: meist lasse sich in einem direkten Gespräch rasch klären, welche Förderform in Frage komme. Es gebe zudem Fördermöglichkeiten, die nicht ausgeschöpft würden.

Abschließend erhielten die Teilnehmer einen Einblick in die jüngst erworbenen Briefe der Kafka Schwester Ottla sowie in das Suhrkamp-Archiv. In der Ausstellungsreihe „Suhrkamp-Insel" zeigt das Literaturarchiv anhand von neuen Fundstücken, wie man Forschungserkenntnisse so aufbereitet, dass sie nicht nur allgemeinverständlich, sondern auch sinnlich-ästhetisch erfahrbar sind.

Ulrike Horstenkamp

 

AsKI KULTUR lebendig 2/2011

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