AsKI e.V.: Maecenas-Ehrung 2015 für Ursula Haeusgen

 

"Ursula Haeusgen gründete 1994 den Verein Lyrik Kabinett e.V., 2003 dann die Stiftung Lyrik Kabinett. Diese hat zum Ziel, eine internationale Lyrik-Bibliothek zu errichten, auszubauen und sie für die Zukunft zu sichern. Das Kabinett verfügt mit über 50.000 Bänden zu deutscher und internationaler Lyrik über die zweitgrößte öffentliche Poesie-Sammlung Europas und die größte auf Lyrik spezialisierte Freihand-Bibliothek in Deutschland.

Mit einem ambitionierten Veranstaltungsprogramm gelingt es dem Lyrik Kabinett, diese Literaturgattung einem breiteren Publikum zu vermitteln und die Leidenschaft dafür mit zahlreichen Lesungen und Veranstaltungen zu wecken. Ursula Haeusgen hat mit ihrem langjährigen Engagement und ihrer Liebe zur Poesie der Lyrik eine Heimat gegeben. Das Lyrik Kabinett ist zu einem Ort internationaler Strahlkraft geworden, wo sich Autoren und Wissenschaftler zum Dialog mit jungen wie auch gestandenen Lyrik-Liebhabern begegnen. Ursula Haeusgen hat sich um die Literatur in Deutschland verdient gemacht und erhält dafür die Maecenas-Ehrung 2015."

Aus der Begründung der Maecenas-Jury

Verleihung der Maecenas-Ehrung 2015:  Ursula Haeusgen und Andrea Fadani,  © Foto: Dieter Lukas, München - Panobilder.deÜber 300 Gäste füllten den Max-Joseph-Saal der Münchner Residenz bis auf den letzten Platz, als im Rahmen eines Festaktes am 9. November 2015 die bedeutende Maecenas-Ehrung des AsKI an Ursula Haeusgen verliehen wurde.

Nach der Begrüßung durch den AsKI-Vorsitzenden Andrea Fadani dankte Sigrid Bias-Engels im Namen der Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, und der Bundesregierung Frau Haeusgen für ihr „großartiges Engagement für die Poesie und damit für Ihren wichtigen Beitrag zum kulturellen Reichtum unseres Landes." In ihrem Grußwort führte Frau Bias-Engels aus, dass Kunst eine gemeinsame Sprache dort sein könne, wo unterschiedliche Begriffe sonst Missverständnisse verursachten. Sie könne gemeinsame Erfahrungen bieten, wo unterschiedliche Herkunft oft ab- oder ausgrenze. Gerade in Zeiten wie diesen sei der Beitrag der Kunst zum Verstehen und zum Verstanden-Werden unverzichtbar: „Das zeigt nicht allein Ihre Unterstützung des Lyrik Kabinetts, sondern auch und besonders der Einsatz des Hauses für die kulturelle Vermittlung: Neugier zu wecken auf die eigene Kultur, auf andere Kulturen und ihre Traditionslinien, das ist gerade bei Kindern und Jugendlichen wichtig – sonst wird unser kulturelles Erbe am Ende ohne Erben dastehen. Und ohne ein Minimum an kulturellen Referenzen und humanistischen Werten werden sich gemeinschaftsstiftende Kräfte in unserem Land dauerhaft weder halten noch entfalten können."

Hans-Georg Küppers, Kulturreferent der Landeshauptstadt München, betonte, dass es – neben den nicht geringen finanziellen Aufwendungen – ohne Ursula Haeusgens unerschöpfliche Energie und leidenschaftliches Beharren, ohne ihre profunde Kenntnis und mitreißende Liebe zur Dichtung, „ohne diese einzigartige Mischung von Pragmatismus und visionärer Kraft" dieses kleine, große Wunder namens Lyrik Kabinett heute nicht gebe. Das nun seit zehn Jahren bestehende Haus in der Amalienstraße, mit der nach Londons „Poetry Library" größten Präsenzbibliothek in Europa und lyrischen Dichtungen aus vielen Jahrhunderten und Erdteilen, sei nicht mehr aus München wegzudenken.

Maecenas-Ehrung 2015; v.l.n.r.: Sigrid Bias-Engels, Ursula Haeusgen, Michael Krüger und Hans-Georg Küppers, © Foto: Dieter Lukas, München - Panobilder.de

In seiner mit Spannung erwarteten Laudatio dankte Michael Krüger, Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, Ursula Haeusgen auf sehr persönliche Weise: „Ich kenne keinen anderen Menschen, dem ich die heutige Auszeichnung unter dem Patronat des Maecenas mehr gewünscht hätte. Wenn ich mir das große Tafelbild von Charles François Jalabert von 1846 vergegenwärtige, auf dem Maecenas im Kreise der von ihm geförderten Dichter sitzt, dann denke ich automatisch an Ursula. Besonders natürlich wegen der wehenden Kleider, die die Herren schmücken und die auch Ursula liebt. Aber in der Hauptsache, weil einer vorliest und die anderen zuhören. Zuhören ist heute die am meisten vernachlässigte Kunst überhaupt, das ist die geheime, aber zentrale Botschaft des akademischen und ein wenig überidealisierten Bildes von Jalabert." Einer lese Gedichte, die anderen hörten zu – könne man sich eine schönere, entspanntere Situation vorstellen? Die Villa von Maecenas habe an einem Berghang in der Nähe von Tivoli gelegen, „so dass die Quellen immer sprudelten und die Bäume ausreichend Wasser hatten, um die ausgetüftelten Schattenprogramme realisieren zu können. Er hatte, nicht zuletzt mit Hilfe seines Gönners Augustus, eine Situation geschaffen, die der Poesie zuträglich war. Hat Ursula Haeusgen nicht ganz etwas ähnliches vollbracht? (...) Das Beste und geradezu Unheimliche an unserer Ursula ist, dass sie ihre generöse, mäzenatische Handlungsweise als vollkommen natürlich ansieht, als selbstverständlich – während sie, diese Handlungsweise, zumal in München, geradezu unnatürlich-pervers, auf jeden Fall aber unselbstverständlich anmutet. Hier ist die Dame der Gesellschaft ja eher damit ausgelastet, ein Golfturnier vorzubereiten oder eine Boutiqueneröffnung mit ihrer Gegenwart zu ehren, als sich ausgerechnet eine Lesung anzuhören, bei der man nicht einmal telefonieren darf. Diese ungeduldige Arbeit am Unspektakulären macht unsere Ursula so besonders, dieser erklärte Wille, in der Rubrik ,Leute' nicht vorzukommen. Mit andern Worten: Sie hat es sich nicht leicht gemacht."

Festakt im Max-Joseph-Saal der Münchner Residenz, © Foto: Dieter Lukas, München - Panobilder.deUnter lang anhaltendem Beifall, mit ‚standing ovations' der Gäste, überreichte Andrea Fadani der Geehrten die Maecenas-Urkunde und die Bronzeskulptur „Nike". Ursula Haeusgen dankte anschließend für die Ehrung: „Maecenas ist ein großer Name und ich bin doch ein bisschen erschrocken, als mir diese Ehrung zuerkannt wurde. Ich – ein Mäzen? Auf diese Idee wäre ich nie gekommen." Sie habe das Lyrik Kabinett von Anfang an mit Leidenschaft betrieben, und der mäzenatische Aspekt sei ihr wohl deshalb lange nicht bewusst gewesen: „Auch dann nicht, als ich die Stiftung gründete – sie erschien mir einfach notwendig, um das ursprüngliche Ziel ernsthaft weiterverfolgen zu können – nämlich der Dichtung, der Lyrik aller Zeiten und Sprachen hier bei uns mehr Ansehen zu verschaffen."

Das Ziel, der Lyrik in all ihren Formen Raum zu geben sowie einen Ort der Vermittlung, um die Poesie auch einer größeren Öffentlichkeit näherzubringen und zugleich ein Treffpunkt zu sein für Kenner wie Liebhaber, aber auch für Studierende, könne eine kleine Institution wie das Lyrik Kabinett natürlich nicht allein erreichen. Aber mithelfen könne sie dabei, und das sei ihre Absicht gewesen. Wenn es tatsächlich – wie es in der Begründung der Jury heißt – „zu einem Ort internationaler Strahlkraft" geworden sein sollte, dann komme ihr das wie ein kleines Wunder vor, das sie aber nicht bewirkt, sondern lediglich angestoßen habe. „Dass der Beitrag des Lyrik Kabinetts zu diesem Ziel nun eine solche Anerkennung und Ehrung erfährt, ist für mich und das ganze Team des Lyrik Kabinetts eine große Freude und ich danke dem Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute sehr für diese Ehre – wenn sie mich auch ein bisschen verlegen macht – und für die wunderschöne Skulptur von Manfred Sihle-Wissel, die einen Ehrenplatz in unserer Bibliothek erhalten wird."

Musikalischer Rahmen: Moritz Eggert (Klavier) und Peter Schöne (Bariton), © Foto: Dieter Lukas, München - Panobilder.deAuf besonderen Wunsch der Preisträgerin wurde das Rahmenprogramm von dem Komponisten Moritz Eggert (Klavier) und dem Bariton Peter Schöne mit Liedern von Moritz Eggert gestaltet.

Franz Fechner M.A.

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, AsKI e.V.

AsKI KULTUR lebendig 1/2016

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