AsKI e.V.: Drei Säulen bürgerlichen Engagements. Verleihung der sechzehnten Maecenas-Ehrung an Dr. Christian Dräger

Festakt Maecenas-Ehrung 2013, Überreichung der Urkunde und Ehrengabe: Dr. Christian Dräger, Maecenas-Preisträger 2013, Dr. Andrea Fadani, Vorsitzender des AsKI (links); Foto: Margret Witzke, Lübeck

Die Hansestadt Lübeck war im November 2013 Schauplatz der Maecenas-Ehrung des AsKI. In dem bis auf den letzten Platz gefüllten Festsaal der „Gemeinnützigen" wurde die bedeutende Auszeichnung im Rahmen einer Feierstunde an Dr. Christian Dräger verliehen,

Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden des AsKI, Dr. Andrea Fadani, überbrachte der Vertreter des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Dr. Horst Claussen, die Grüße von Kulturstaatsminister Bernd Neumann. Herr Claussen betonte, dass die Bundesregierung diese Ehrung aus vollem politischen Kalkül fördere, denn ein am Gemeinnutz orientiertes Verhalten sei auch für das staatlicherseits hochsubventionierte kulturelle Leben unseres Landes nach wie vor unverzichtbar.

In seiner Laudatio verwies der ehemalige Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, Björn Engholm, zunächst darauf, dass es gerade in Lübeck eine lange, große Tradition kaufmännischer Innovation und Weltoffenheit sowie auch eine lange bürgerliche Stiftergeschichte gebe, die schon im 13. Jahrhundert begonnen habe. In dieser Tradition stehe der zu Ehrende, der wie kein anderer, der Wahrung, der Pflege und der Entwicklung des kulturellen Erbes aufs Engste verbunden ist. Vorbildliches, gutes bürgerliches Tun, so Engholm, beinhalte dreierlei Engagement für die Polis: den praktischen, uneigennützigen Einsatz von Zeit, Kraft und Kompetenz, also das klassische Ehrenamt; sporadisches oder regelmäßiges Spenden je nach Neigung, Fähigkeit oder Notwendigkeitserkenntnis sowie die altruistische Hingabe von Eigenerworbenem durch Stiften: die Krönung des guten Tuns. Engholm betonte: „Es gibt nicht viele Menschen, die dieses Dreierlei bürgerlichen Engagements gleichermaßen praktizieren, ja ad personam verkörpern. Zu ihnen gehört Dr. Dräger!"

Lübeck verfüge – aus ihrem Status als einstmals freie Stadt – über eine sehr bedeutende Anzahl von Museen, aber einen höchst unbeachtlichen Ankaufsetat. Vorhandene Sammlungsbestände zu pflegen, falle schon schwer; sie aus öffentlichen Mitteln zu erweitern, sei schier unmöglich. Dass gleichwohl die lübschen Kunstinstitute immer wieder Überraschendes, Bedeutendes, Hinreißendes zu bieten haben, dass diese von Zeit zu Zeit Ankäufe, über viele kunsthistorische Perioden hinweg, tätigen oder ihre Sammlungen durch Dotationen ergänzen und ausweiten konnten, verdankten sie und die Allgemeinheit in hohem Maße ihrem Stifter Christian Dräger. Auch als Vorsitzender des von ihm vor 30 Jahren mitgegründeten „Vereins der Freunde der Museen für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck", der eine besondere Funktion im Kulturleben der Stadt ausübt, da er die Reflexion und den Diskurs über alle ästhetischen Dimensionen Lübecks belebe, wachhalte, und wo nötig interveniere, sei er gleichermaßen ehrenamtlich wie stiftend aktiv. Besonders erwähnenswert sei hier ein Konvolut von Handzeichnungen der Goethezeit und der Romantik, das einmalig im Umfang, Bedeutung und Wertigkeit ist.

Festakt Maecenas-Ehrung 2013, (1. Reihe v.l.n.r.:) Dr. Holger Pils, Dr. Gabriele Rommel,  MR Dr. Horst Claussen, Prof. Dr. Susanne Popp, Björn Engholm, Gertrud Dräger, Dr. Christian Dräger; Foto: Margret Witzke, Lübeck

Engholm erklärte weiter: „Gewiss stehen die Bildkünste und die Kunstmuseen im Zentrum seiner Neigungen. Gleichwohl reicht sein tätiges Interesse darüber hinaus. Das dem Nobelpreisträger Thomas Mann gewidmete Buddenbrookhaus weiß davon manches Lied zu singen, ebenso die Handschriftenabteilung der Stadtbibliothek. Auch die – längst überfällige – Wiederentdeckung von Emanuel Geibel gehört dazu. Den Dommusikern ist er Freund, Begleiter und Förderer und nicht von ungefähr beherbergt die stolze Kirche die wohl bedeutendste italienische Barockorgel nördlich der Alpen. Auch jenseits des Domes weiß die orchestrale Szene, auf wen sie sich stützen darf. Als vor vielen Jahren die Baukosten der Musik- und Kongresshalle Lübeck den Voranschlag überstiegen (in einer Größe, die die Bauherren in Limburg, der Elbphilharmonie oder des Berliner Flughafens als lachhaft niedrig bezeichnen würden), gab es keine Debatte – die Lücke wurde geschlossen... Sehr symptomatisch mag eine kleine Begebenheit sein, die sich vor zwei Jahren zutrug. Bei der jährlichen Benefizaktion zugunsten der diakonischen Vorwerker Stiftung stand ein rares Blatt von Ernst Barlach zum Gebot. Dem anwesenden Leiter des Behn-Dräger-Hauses, der die Arbeit unbedingt ersteigern wollte, ging noch vor dem 2. Hammerschlag die Puste aus – bis ihm sein Gegenüber bedeutete, er solle weiter bieten. Er erhielt den Zuschlag! Was man wissen darf: Der Stifter des Blattes und der Finanzier des Zuschlages waren ein und dieselbe Person: Dr. Dräger."

Engholm betonte, dass ihm nicht zustehe nach den zutiefst persönlichen Motiven des Stifters zu fragen. Sicher sei er, dass die Liebe des Vaters Heinrich Dräger zu seiner Stadt Lübeck sich als Movens auf den Sohn übertragen habe. Auch scheine als Beweggrund neben den in der Familie verankerten christlichen Maximen, die das „gute Tun" grundierten und beförderten, eine der Aufklärung entsprungene Haltung der Vernunft bedeutsam, mit der sich in Lübeck historische Namen wie Overbeck, Geibel, Suhl, von Melle, Curtius, Behn, Deecke verbinden - und in deren Linie der Name Dräger sich bestens einfüge. Engholm stellte am Ende seiner Rede heraus: „Das Ziel war und ist bis in unsere Tage: Eine Gesellschaft frei von absoluten Zwängen; frei von Dogmen aller Art; getragen von Bürgersinn, Selbstbestimmung, sozialer Integration. Eine Bürgergesellschaft also. Wir sind heute auf dem Weg vom staatlichen Gemeinwohl-Monopol hin zu einer Gesellschaft vielfältiger Gemeinwohl-Akteure. Stiftungskultur als Kultur des Gebens, ja des Dienens, ist auf dem Wege zur Bürgergesellschaft unverzichtbar; sie ist wegweisend. Erst mit ihr und durch sie mag Realität werden, was am Holstentor postuliert ist: das Gedeihen eines Gemeinwesens, in dem für alle zu leben lohnt: CONCORDIA DOMI. Dass dazu Künste und Kultur gehören als Fundament der Identität, als ,Gehäuse' unserer Wahrnehmung und Kreativität, steht außer Frage."

Im Anschluss an die Überreichung der Urkunde und die Übergabe der Ehrengabe durch den Vorsitzenden des AsKI dankte Christian Dräger zunächst für die verliehene Auszeichnung und besonders dem Laudator für die gelungene Rede. Stellvertretend für alle Menschen, denen er es zu verdanken habe, die Arbeit so machen zu können, wie es Björn Engholm geschildert habe, wolle er zunächst seiner Frau Gertrud danken: „Fünf Jahrzehnte hat sie mich begleitet, ermuntert bei Schwierigkeiten, getröstet bei Niederlagen, mir und unseren vier Kindern ein Heim geschaffen, aus dem wir hinaus gehen konnten, unsere Arbeit zu tun". Auch betonte er, dass er den Preis – nach anfänglichen Bedenken – ausdrücklich stellvertretend für seine Familie annehme, was ihm die Annahme sehr erleichtere. Hinzu käme aber noch ein weiterer Grund: „In seiner Laudatio auf den ersten Träger des Maecenas-Preises Herrn Dr. Arend Oetker im Jahre 1989 [...] sagte der damalige Laudator Wulf Herzogenrath, ich darf zitieren: ,Durch Gründung von Fördervereinen und verantwortliche Mitgliedschaft in ihnen hat Arend Oetker wesentliche Projekte zum Ankauf und Erhalt von Kulturgut ins Leben gerufen und ihnen zum Erfolg geholfen.' Soweit das Zitat. Wenn ich heute für meine Familie den Maecenas-Preis entgegennehmen darf, wird im Nachhinein bestätigt, wie berechtigt die damalige Entscheidung der Jury war, denn es war gerade diese von Wulf Herzogenrath erwähnte Tätigkeit Arend Oetkers, die wesentliche Initiative, die zur Gründung eines für uns Lübecker wichtigen Vereins führte, nämlich zur Gründung des St. Petri Bauvereins. Arend Oetker wurde der 1. Vorsitzende, wenig später folgte mein Bruder Theo ihm nach. Mehr als 25 Jahre hat Theo diesen Posten nun inne und in dieser Zeit konnte er einiges bewegen. Ich glaube, es ist nicht sehr übertrieben, wenn ich sage: Ohne Arend Oetker, ohne Theo Dräger gäbe es St. Petri in der heutigen Form nicht."

Auch der Verein der Freunde der Museen für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck, der dann das Haupttätigkeitsfeld für jene Aktivitäten geworden sei, für die er heute geehrte werde, sei ganz wesentlich auf eine Initiative von Arend Oetker hin gegründet worden. „Ist das nicht schön, zu sehen, wie nachhaltig die Wirkung der Tätigkeit war, für die der erste Maecenas-Preisträger diese Auszeichnung bekam? Ich hoffe, meine Damen und Herren, Sie werden jetzt verstehen, wie gerne ich diesen Preis entgegennehme." Christian Dräger betonte in seiner Danksagung auch das Wirken seines Vaters Dr. Heinrich Dräger und seiner Frau Lisa, das ihn berechtige, die Auszeichnung für die Familie zu empfangen. Zwar sei durch das Drägerhaus, den Drägerpark und den Drägerweg dafür gesorgt, dass dessen Name nicht nur als Industrieller, sondern auch als fürsorgender Wohltäter seiner Vaterstadt in Erinnerung bleibt, aber nahezu vergessen sei sein Beitrag zur Errichtung eines für Lübeck besonders bedeutenden Museums, nämlich des Buddenbrookhauses. Dessen permanente Unterstützung und die der Thomas-Mann-Gesellschaft bleibe seitdem ein gleichsam vererbtes Anliegen der Familie Dräger.

Auf besonderen Wunsch des Preisträgers wurde das musikalische Rahmenprogramm der Feierstunde von Martina Tegtmeyer, Akkordeon, und Jan Baruschke, Violine, gestaltet.

Franz Fechner

AsKI KULTUR lebendig 1/2014

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