Abschied von Hermann J. Abs

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Herrman Josef Abs, Foto: See page for author [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Dr. h.c. Hermann J. Abs, Bankier und im "Nebenberuf" einer der großen Mäzene und einflußreichsten Kulturadministratoren Deutschlands, verstarb am 5. Februar 1994 im 93. Lebensjahr.

Mit Herrn Abs verliert die Kultur eine Persönlichkeit, die - wie Ministerpräsident Johannes Rau anläßlich der Verleihung des Staatspreises des Landes Nordrhein-Westfalen im Dezember 1992 formulierte - als Patriot im Leibnitzschen Sinne, als amtlich Unzuständiger sich um das Gemeinwohl gekümmert und Meilensteine gesetzt hat.
Wichtige wirtschaftspolitische Weichenstellungen der Nachkriegsjahre wurden von Hermann J. Abs initiiert und ausgehandelt. Diese schufen die Basis für die rasche wirtschaftliche Prosperität der Bundesrepublik, die wiederum Grundlage für den Ausbau einer blühenden Kulturlandschaft war. Darüber hinaus hat er sich bei vielen Einzelprojekten materiell und ideell in die Pflicht genommen. Zahlreiche Museen und kulturelle Einrichtungen in Deutschland - darunter auch mehrere AsKI-Institute wie das Germanische Nationalmuseum und das Max-Reger-Institut - verdanken seinem Engagement bedeutende Erwerbungen, genannt sei nur der Ankauf von Werken aus der Sammlung Robert von Hirsch im Jahre 1978. Besonders spektakulär war 1983 der Erwerb des Evangeliars Heinrichs des Löwen auf einer Londoner Auktion. In Kuratorien von mehreren Stiftungen und Fördervereinen schätzte man seinen profunden Rat und seine Tatkraft.

Einer breiten Öffentlichkeit weniger bekannt ist das dauerhafte und intensive Engagement, das Hermann J. Abs im Freien Deutschen Hochstift/ Frankfurter Goethe-Museum, im Städelschen Kunstinstitut und nicht zuletzt im Bonner Beethoven-Haus über Jahrzehnte geleistet hat. Hermann J. Abs war es Verpflichtung, das bürgerschaftliche Engagement, dem diese Institutionen ihre Gründung und ihre Fortentwicklung verdanken, nach seinen Möglichkeiten weiterzuführen.

In einer bewegenden Feierstunde nahm der Verein Beethoven-Haus am 24. Februar Abschied vom Vorsitzenden seines Vorstandes. Das mit Herrn Abs eng verbundene Melos-Quartett spielte Streichquartette von Mozart und Beethoven. F. Wilhelm Christians - seit 15. April Nachfolger von Hermann J. Abs im Amte des Vorsitzenden des Beethoven-Hauses - und Ministerpräsident Johannes Rau würdigten seine Persönlichkeit und seine Verdienste.
Herr Abs war seit 1920 Mitglied des Beethoven-Hauses, seit 1960 dessen Vorsitzender. In seine Ära fällt der Beginn bedeutender wissenschaftlicher Vorhaben wie die Edition der neuen Beethoven-Gesamtausgabe, der Skizzenbücher, der gesamten Korrespondenz Beethovens. Die Sammlungen des Beethoven-Hauses verdanken seinem ideellen und finanziellen Einsatz bedeutende Erwerbungen, etwa das Beethoven-Porträt von Joseph Stieler oder zuletzt die Autographen der Cellosonate op. 69 bzw. der Klaviersonate op. 90. Ohne seine jahrzehntelangen Bemühungen gäbe es den Kammermusik-Saal nicht, der als einer der schönsten Konzertsäle der Nachkriegszeit gilt.

Bis zuletzt war Hermann J. Abs als Vorsitzender mit dem ihn auszeichnenden Interesse, kritischen Urteilsvermögen und hilfreicher Unterstützung für die Belange des Beethoven-Hauses unermüdlich tätig. Der Verein Beethoven-Haus trauert um seinen großen Mäzen und Förderer. Sein Wirken war Ansporn und Orientierung und ist nun Vermächtnis.

Dr. Michael Ladenburger
Wiss. Mitarbeiter des Beethoven-Archivs Bonn

 

AsKI KULTURBERICHTE 2/1994

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